Comte de Lautréamont: Die Gesänge des Maldoror
(...) Dann in gemeinsamer Übereinstimmung, glitten sie zwischen zwei Fluten aufeinander zu in gegenseitiger Bewunderung. Das Haifischweibchen das Wasser mit seinen Flossen beiseite schiebend, Maldoror die Flut mit seinen Armen schlagend. Und sie hielten ihren Atem an, in tiefer Verehrung; beide waren von dem Wunsche erfüllt, zum erstenmal ihr lebendiges Ebenbild zu betrachten. Aus einer Entfernung von drei Metern stießen sie ohne besondere Vorbereitungen plötzlich aufeinander und umarmten sich wie zwei Liebende, mit Würde und Anerkennung, in einer so zärtlichen Umschlingung, wie die eines Bruders oder einer Schwester... Die fleischliche Lust folgte bald dieser Freundschaftsbezeugung. Zwei unruhige Schenkel preßten sich eng an die klebrige Haut des Ungeheuers, wie zwei Blutegel. Die Arme und Flossen umschlungen den Körper des Geliebten mit Leidenschaft. Busen und Brüste bildeten bald nur noch eine meergrüne Masse mit dem Geruch von Tang; inmitten des forttobenden Sturmes, im Schein der Blitze, ihr Hochzeitsbett die schaumende Woge, von einer Wasserströmung wie in einer Wiege davongetragen, und miteinander zu den Tiefen des Abgrundes rollend, vereinigten sie sich in einer langen Paarung ... Endlich hatte ich jemanden gefunden, der mir gleich war! ... Künftig würde ich nicht mehr allein sein im Leben! ... Sie hatte dieselben Gedanken wie ich! ... Ich war meiner ersten Liebe begegnet!
- Gesang II, Strophe 13 -